Sunday, September 14, 2008

Erste Eindrücke

Aus dem Flugzeug nach Trivandrum scheint der Vollmond auf den Indischen Ozean und beleuchtet unseren Weg. Kurz denke ich an Deutschland, denn der Mond ist jetzt auch dort zu sehen. Gespannt presse ich die Nase ans Fenster. Obwohl es 4 Uhr morgens und draußen stockdunkel ist, habe ich in dieser Nacht noch kein Auge zugetan. Der Flug verläuft sehr ruhig und angenehm, da das Flugzeug kaum besetzt ist. Sicher nicht viele Keralites können sich den Flug mit Qatar Airways leisten. Endlich ein Zipfel Land in Sicht – das muss es sein! Ich kneife die Augen zusammen und versuche angestrengt etwas zu erkennen. Da nicht viel beleuchtet ist, liegt das Abbild mehr in meiner Fantasie. Ich erkenne Umrisse von Palmen, die zwischen jedem Haus und an jeder Straße zu wachsen scheinen. Die Stadt ist hügelig, denn ich kann einen Höhenunterschied wahrnehmen. Plötzlich stelle ich schockiert fest, wie tief wir über den Häusern bzw. Hütten fliegen. Ich denke an die Menschen, die dort gerade tief schlafen und dass ich bei dem Geräuschpegel wahrscheinlich aufrecht im Bett sitzen würde und mir angst und bange wäre.

Am Flughafen angekommen verläuft alles glatt. Die Menschen sind sehr freundlich und die erwartete Drängelei bleibt aus. Trivandrum hat einen kleinen Flughafen, vor der Tür stehen dennoch genügend wartende Menschen. Erleichtert erblicke ich eine winkende Hand, die zu Isabel gehört. Wir werden hier für 16 Monate zusammen leben und arbeiten. Auch Sateesh, unser Mann für Alles, begrüßt mich herzlich. Umringt von mindestens vier weiteren Indern kommt mein Gepäck in den Kofferraum eines weißen runden Taxis. Erst im Auto stelle ich fest, dass die Männer um Geld betteln. Auf dem Weg zur Unterkunft strömen erste Eindrücke auf mich ein: Palmen wohin das Auge blickt, dazwischen Hütten und kleinere Bauten, auf einer holprigen Straße geht es bei wenig Verkehr immer entlang von Mauern aus der Stadt hinaus Richtung Vellayani. Selbst am Sonntag um 4.30 Uhr sind schon einige Menschen unterwegs, vermutlich um den letzten Tag des Onam-Festivals zu beginnen, ein Fest vergleichbar mit der Bedeutung unseres Weihnachtsfests.

Nach etwa 30 Minuten erreichen wir unsere Unterkunft. Völlig überdreht erzählen wir noch ein paar Stündchen, bis es draußen ganz hell ist. Im Morgengrauen wird mir bewusst, wohin es mich verschlagen hat. Man könnte meinen wir sind mitten im Dschungel – überall wachsen riesige Kokospalmen, Bananenstauden, Monstera-Pflanzen und andere exotische Gewächse. Die Grundstücke liegen idyllisch an einem See, die Straße ist absolut verkehrsberuhigt, aber die Gegend ist enger bebaut, als ich mir vorgestellt hatte. Der Sonnenaufgang wird begleitet von unheimlichen Tiergeräuschen, mit denen ich irgendwann doch einschlafe.

No comments: