Wednesday, September 24, 2008

Ameisen & Co

Es begann harmlos mit Ameisen in Bananen, Würmern in Weintrauben, und Insekten im Müsli. Als wir jedoch unsere Koffer packten, um auf den Campus zu ziehen, beginnt der Wettkampf mit den Ameisen. Sie spüren in meinem Schrank noch versiegelte Müslikekse und Reiswaffeln auf, die ich für schlechte Zeiten aufheben wollte. Verständlicherweise führen ihre Instinkte auch zu meinen Schokolade-Reserven. Nachdem alles Essbare aus dem Zimmer entfernt ist, wähne ich mich in Sicherheit.

Am nächsten Tag krabbelen die Ameisen jedoch noch immer emsig an meinem Schrank entlang. Um das Ziel ihrer Reise aufzuspüren, muss ich lediglich ihrem Pfad folgen. Erstaunt stelle ich fest, dass sie auch an meinen Medikamenten, vor allem an den Mullbinden und Gummihandschuhen, Gefallen finden. Erst später, als ich sie auch im Rückenpolster meines brandneuen Reiserucksacks finde, geht mir ein Licht auf: Sie suchen nach geeigneten Nestern, um ihre Eier abzulegen. Ob im Fußbett meiner bequemen Josef-Seibel-Sandalen oder zwischen den Watteohrstäbchen im Bad – die Ameisen fühlen sich bei mir wohl.

Nach drei Tagen haben sie meine Nerven dermaßen strapaziert, dass ich in der Nacht sehr schlecht schlafe. In Gedanken stelle ich mir vor, wie im Schlaf eine Kolonne Ameisen an meinem Kopfkissen vorbeimarschiert. Als ich am nächsten Morgen an einem meiner T-Shirts winzige Eier entdecke und sich mehrere Dutzend Ameisen unter dem Keyboard meines Laptops tummeln, liegen
meine Nerven buchstäblich blank. Mit entsetztem Gesicht renne ich ins Buero und verkünde, dass ich so nicht weiter leben könne. Noch am selben Tag wird Ameisengift gestreut, jedoch erst das Killerspray, welches ich in einem modernen Laden in der Stadt selbst ergattere, kann meinen Seelenfrieden wiederherstellen.

Nachdem ich die Ameisenstraße ausgelöscht und die letzten Ameisen unter meinem Lieblingsshirt aufgespürt hatte, will ich mich erleichtert ins Bett legen. Nach wenigen Sekunden spüre ich einen stechenden Schmerz an den Beinen – ein Ameisenbiss! In meinem Bett! Nicht lange dauert es, bis die Quelle des Übels gefunden ist. Am Ende der neu gekauften Matratze befindet sich an der Naht ein Schlupfloch, wo reger Ameisenverkehr herrscht. Also war ich doch nicht paranoid gewesen! Die Ameisen am Kopfkissen hatte ich mir nicht eingebildet! Noch bevor sie sich versehen können, befördere ich auch die letzten Störenfriede ins Jenseits und schlafe an dem Abend, bewaffnet mit dem Killerspray, besonders zufrieden ein.

Sunday, September 21, 2008

Honky Tonk

Am ersten Wochenende machen wir zu Isabel's Geburtstag einen Ausflug in die etwa 150km entfernte Küstenstadt Allepey. Dort soll es schöne Teppiche und Körbe geben, die wir für unsere Wohnung gut gebrauchen können. Unser Fahrer, ein Bekannter, verspätet sich um zwei Stunden, sodass wir im dichten Verkehr fahren müssen. Aus der geplanten dreistündigen Fahrt werden sechs Stunden – einfacher Weg! Was als gemütlicher Ausflug geplant war, wird zum Albtraum. Schon in Trivandrum wollen wir fast umkehren, weil uns das Verkehrschaos übermannt. Unser Fahrer manövriert das Auto geschickt durch die unberechenbaren Objekte, die uns von allen Seiten über den Weg rollen.

Man muss sich vorstellen, dass auf den holprigen Straßen wirklich alles unterwegs ist. Vom Auto, über die Rikscha (einer Art motorisierter Kutsche), Fahrrädern und Fußgängern, bis zu Lastwagen, uralten Bussen mit völlig verrückt gewordenen Busfahrern, und nicht zu vergessen die gelegentlichen Kühe und Ziegen und sogar ein Elefant. Was man fast nicht beschreiben kann ist jedoch die Art und Weise, in der man sich fortbewegt. Ein einziges Kreuz und Quer ohne jegliche Anzeichen von Regelungen. Die meisten wissen zwar wie sie ihr Fahrzeug bedienen, aber haben sich nie mit Verkehrsregeln oder Fahrtheorie befasst.

So wird zum Beispiel die Hupe etwa aller 30 Sekunden dazu missbraucht, den eigenen Standort zu signalisieren. Egal, ob man sich von hinten einem anderen Fahrzeug nähert oder ein Fahrzeug auf der eigenen Spur entgegen kommt – es wird gehupt bis zum Umfallen! Schon zu Beginn der Reise scherzten wir mit unserem Fahrer, der ansonsten ein eher untypischer Inder ist, dass das jetzt hoffentlich keine Fahrt mit mehrstündigem Hupkonzert werden würde. Er lachte und beruhigte uns. Nach etwa einer halben Stunde und jenseits der Stadtgrenze machten wir ihn erneut darauf aufmerksam, dass er (scheinbar unbewusst) immer noch völlig grundlos aller 30 Sekunden hupt. Nicht nur, dass das auf die Dauer ziemlich nervt, auch ergibt es keinen Sinn, denn alle Verkehrsteilnehmer hupen (außer den Tieren) und folglich reagiert niemand darauf. Selbst streunende Hunde, die teilweise mitten auf der Straße ein Nickerchen machen, reagieren überhaupt nicht. Nach mehrfachem Gehupe entscheidet sich der Fahrer, um die Tiere herumzufahren. Auch die vielen angepflockten Ziegen und Kühe grasen in aller Ruhe inmitten dieses Höllenlärms.

Nach sechs Stunden Anspannung kommen wir endlich am Zielort an. Wir kaufen einen Teppich und trinken einen Kaffee. Das Highlight des Tages, den Sonnenuntergang, erleben wir mit vielen anderen Menschen, die mit ihren Familien einen Ausflug zum schönen Sandstrand von Allepey machen. Die bunt gekleideten Frauen und Kinder freuen sich, von mir fotografiert zu werden. Danach geht es mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km/h (die empfundene Geschwindigkeit ist sehr viel schneller!) wiederum sechs Stunden zurück Richtung Trivandrum. Der Verkehr hat nach Einbruch der Dunkelheit stark nachgelassen und unser Fahrer passt sich unseren Wünschen an. Er verzichtet aufs Hupen und betätigt stattdessen seine Lichthupe. Er blendet jedes entgegenkommende Fahrzeug mehrmals und warnt jedes Fahrzeug vor uns, bevor wir zum Überholen ansetzen. Unser Ausflug endet nachts halb zwei und wir sind heilfroh, in einem Stück wieder auf dem Campus zu sein!





Tuesday, September 16, 2008

Holy Internet

Nach vielen missglückten Versuchen, im Internet Mails zu checken oder gar zu chatten, merke ich schnell, dass die meisten Dinge hier nicht so funktionieren wie sie sollten. Abgesehen von den allabendlichen Stromausfällen (natürlich nicht immer zur gleichen Zeit), bleibt auch tagsüber ungeplant der Strom mal weg und man weiss nie, ob nur für eine halbe Stunde oder gleich einen halben Tag. Dazu kommt, dass die Stromstärke extrem schwankt, was man an der Geschwindigkeit der Deckenventilatoren oder der Intensität des Lichts beobachten kann. Das bedeutet, alle empfindlichen elektronischen Geräte müssen unbedingt an einen Adapter angeschlossen sein, um die Stromschwankungen auszugleichen und die Geräte nicht zu schädigen. Dies ist gleichzeitig eine Backup-Batterie, damit beim Stromausfall die Daten am Computer nicht verloren gehen.

Mit dem Internet verhält es sich ähnlich unberechenbar - die Verbindung steht und fällt nach Lust und Laune. Zusätzlich muss ich mir momentan mit Isabel eine sehr langsame Internetverbindung teilen, dass heißt wir nutzen simultan einen Zugang, wodurch sich die Geschwindigkeit nochmal halbiert. Manchmal funktioniert es, meistens nicht und ganz selten läuft alles so, dass wir einigermassen effektiv sind. Das macht natürlich wenig Spaß so zu arbeiten, mal ganz abgesehen davon, dass wir uns momentan noch inmitten einer Baustelle befinden, wo es überall staubt und hämmert. Daher kann ich auch die Blogeinträge leider nur zeitverzögert publizieren. Ich schreibe offline und warte auf den Moment, in dem ich wieder Zugang zum heiligen Internet bekomme.

Monday, September 15, 2008

Erster Arbeitstag

Gegen 9 Uhr hupt ein Moped vor dem Tor und Balaraman, unser blinder Coach, der für die IT-Kurse zuständig sein wird, holt uns ab. Wir laufen zusammen zum Campus, der keine fünf Minuten von unserer vorübergehenden Unterkunft entfernt ist. Dort erwarten uns ein paar Herren, die für Administration und Überwachung der Bauarbeiter zuständig sind. Da am Vortag das große Onam-Festival zu Ende gegangen ist, sind aber keine Arbeiter gekommen. Sie werden am Ende jeden Tages bezahlt und kommen nur dann, wenn sie für den Tag das Geld benötigen. Ich werde von allen freundlich begrüßt und mehrmals offiziell willkommen geheißen. Es ist mühsam, dem „indischen“ Englisch zu folgen und oftmals blicke ich fragend Isabel an, um mir bei der Interpretation zu helfen. Noch lustiger, aber auch irritierender als erwartet, ist das ständige Kopfwackeln von rechts nach links über den Zenith, was soviel wie 'ja' bedeutet. Da diese Bewegung dem Kopfschütteln der westlichen Welt nahe kommt, kann es zu leichten Missverständnissen führen, wenn jemand zustimmt, aber mit dem Kopf wackelt. Ein paar mal musste ich mir das Lachen verkneifen.

Leichte Frustrationen stellen sich ein, als wir feststellen müssen, dass auf dem Campus noch keine einzige Toilette in Betrieb ist, dass es kein Trinkwasser gibt und dass für einen wichtigen Besuch am Donnerstag das Zimmer noch nicht bezugsfertig ist. Die Antwort auf alles lautet „Tomorrow, it will be done.“ In der weisen Voraussicht, dass aus morgen übermorgen werden wird, machen wir entsprechend Druck und hoffen, die Delegation läuft effektiver als am ersten Tag. Überhaupt scheint hier jeder an jeden zu delegieren. Meine erste Lektion: Wenn du eine Aufgabe bekommst, delegiere sie schnell weiter!

Sunday, September 14, 2008

This Place is Real!

Gegen Mittag zwinge ich mich aus dem Bett, um den Jetlag zu überkommen und mich schnellstmöglich an die weiteren 2.5 Stunden Zeitunterschied, das heißt 3.5 Stunden im Voraus zu Deutschland, zu gewöhnen. Zum Frühstück finde ich nichts Leckeres und bin froh über meinen Lieblingstee und ein paar Äpfel vom heimischen Baum, die die lange Reise überstanden haben. Leitungswasser wird über ein Gerät destilliert, so dass man Trinkwasser auf Knopfdruck hat (solange der Strom nicht ausfällt!). Aus der Dusche kommt - im Gegensatz zu Qatar - kein warmes Wasser, sondern angenehm kaltes. Der Duschkopf ist in der Wand fixiert und ein Loch in der Ecke des Bades funktioniert als Abfluss, so dass das etwa vier Quadratmeter große Bad regelmäßig geflutet wird. Die ersten Mitbewohner haben sich auch schon vorgestellt: Geckos, Megaspinnen, und Riesenameisen. Es gibt so gut wie keine Mücken – die Fenster haben trotzdem alle Moskitonetze.

Nachdem sich auch Isabel aus dem Bett geschwungen hat, laufen wir zum Campus des „International Institute for Social Entrepreneurs (IISE)“. Als ich vor dem Tor stehe, kann ich nicht fassen, dass ich tatsächlich angekommen bin. Die Gebäude sehen (natürlich) genauso aus wie auf den vielen Fotos, die ich bereits gesehen habe. Dennoch fällt mir auch hier wieder der begrenzte Raum und die enge Bebauung auf. Wir halten uns fast drei Stunden auf dem Gelände auf und begehen alle Klassenräume, das Wohnheim, das Auditorium und schließlich das Haus, in dem sich unsere Büros und unsere Wohnräume befinden. Als wir uns in die Terassentür unseres Wohnzimmers setzen, um die frische Brise zu genießen, lasse ich meinen Blick über den See und die unzähligen Palmen schweifen und mir entfleucht mit einem Seufzer: „So this place is actually real!“

Erschöpft vom Rundgang essen wir noch etwas und ziehen uns dann zurück. Ich bin dankbar über die Kopflampe, die mir meine beste Freundin zum Abschied noch geschenkt hat. An diesem Abend fällt zum ersten Mal für eine halbe Stunde der Strom aus.

Erste Eindrücke

Aus dem Flugzeug nach Trivandrum scheint der Vollmond auf den Indischen Ozean und beleuchtet unseren Weg. Kurz denke ich an Deutschland, denn der Mond ist jetzt auch dort zu sehen. Gespannt presse ich die Nase ans Fenster. Obwohl es 4 Uhr morgens und draußen stockdunkel ist, habe ich in dieser Nacht noch kein Auge zugetan. Der Flug verläuft sehr ruhig und angenehm, da das Flugzeug kaum besetzt ist. Sicher nicht viele Keralites können sich den Flug mit Qatar Airways leisten. Endlich ein Zipfel Land in Sicht – das muss es sein! Ich kneife die Augen zusammen und versuche angestrengt etwas zu erkennen. Da nicht viel beleuchtet ist, liegt das Abbild mehr in meiner Fantasie. Ich erkenne Umrisse von Palmen, die zwischen jedem Haus und an jeder Straße zu wachsen scheinen. Die Stadt ist hügelig, denn ich kann einen Höhenunterschied wahrnehmen. Plötzlich stelle ich schockiert fest, wie tief wir über den Häusern bzw. Hütten fliegen. Ich denke an die Menschen, die dort gerade tief schlafen und dass ich bei dem Geräuschpegel wahrscheinlich aufrecht im Bett sitzen würde und mir angst und bange wäre.

Am Flughafen angekommen verläuft alles glatt. Die Menschen sind sehr freundlich und die erwartete Drängelei bleibt aus. Trivandrum hat einen kleinen Flughafen, vor der Tür stehen dennoch genügend wartende Menschen. Erleichtert erblicke ich eine winkende Hand, die zu Isabel gehört. Wir werden hier für 16 Monate zusammen leben und arbeiten. Auch Sateesh, unser Mann für Alles, begrüßt mich herzlich. Umringt von mindestens vier weiteren Indern kommt mein Gepäck in den Kofferraum eines weißen runden Taxis. Erst im Auto stelle ich fest, dass die Männer um Geld betteln. Auf dem Weg zur Unterkunft strömen erste Eindrücke auf mich ein: Palmen wohin das Auge blickt, dazwischen Hütten und kleinere Bauten, auf einer holprigen Straße geht es bei wenig Verkehr immer entlang von Mauern aus der Stadt hinaus Richtung Vellayani. Selbst am Sonntag um 4.30 Uhr sind schon einige Menschen unterwegs, vermutlich um den letzten Tag des Onam-Festivals zu beginnen, ein Fest vergleichbar mit der Bedeutung unseres Weihnachtsfests.

Nach etwa 30 Minuten erreichen wir unsere Unterkunft. Völlig überdreht erzählen wir noch ein paar Stündchen, bis es draußen ganz hell ist. Im Morgengrauen wird mir bewusst, wohin es mich verschlagen hat. Man könnte meinen wir sind mitten im Dschungel – überall wachsen riesige Kokospalmen, Bananenstauden, Monstera-Pflanzen und andere exotische Gewächse. Die Grundstücke liegen idyllisch an einem See, die Straße ist absolut verkehrsberuhigt, aber die Gegend ist enger bebaut, als ich mir vorgestellt hatte. Der Sonnenaufgang wird begleitet von unheimlichen Tiergeräuschen, mit denen ich irgendwann doch einschlafe.

Saturday, September 13, 2008

Good-bye Qatar!

Ein ausgedehntes Frühstück im Doha Four Seasons Hotel und eine einstündige schwedische Massage werden zum krönenden Abschluss meines Zwischenstopps in Qatar. Den Manager des Hotels konnten wir nach hartnäckiger Nachfrage sogar überzeugen, uns einen Blick über die Bucht aus der Royal Suite in der obersten Etage zu gewähren. Es ist erstaunlich, was dieses relativ kleine Land aus der Wüste gestampft hat und in Zukunft zu schaffen plant. Fragwürdig bleibt der Umgang mit Energie, Wasser, Müll, und das Klassensystem der Einwohner. In Erinnerung bleibt mir die weite Wüste, die zutraulichen Kamele, der Basar, die Scheichs und die brennende Hitze.


Nach 10 Tagen Doha mit jeder Menge Erlebnissen im Gepäck – einem guten Mix aus Entdecken und Relaxen – geht es nun weiter nach Indien. Mindestens genauso exotisch und dennoch ganz anders als der Orient stelle ich mir die chaotisch-charmante Welt der Inder vor. Statt kargem Land erwarten mich grüne Kokospalmen, statt dunklen Gewändern tragen die Menschen bunte Stoffe, und statt erhabenen Scheichs trifft man überall auf lustig mit dem Kopf wackelnde Inder. Soweit meine Vorstellungen...

Friday, September 12, 2008

Sheik it!

Die Macht der Scheichs

Nicht nur der Reichtum, sondern auch die Macht liegt in den Händen der Scheichs. In Qatar gibt es kaum einen Bereich des Lebens, der nicht kontrolliert wird. Ob Firmenbesitz, Internettelefonate, Familienverhältnisse oder Verkehrsregelungen - überall hat der Staat und somit auch die Scheichs die Finger im Spiel. Kriminalität gibt es hier so gut wie nicht, denn die Strafen - und somit das Risiko aus dem Land verbannt zu werden - sind zu hoch.

Auch beim Autofahren merkt man schnell, wem die Straße gehört. Selbst im innerstädtischen Berufsverkehr kommt nicht selten von hinten ein Landcruiser angerast, fährt dicht auf und gibt per Lichthupe das Signal, die linke Spur freizumachen. Runter von meiner Straße - jetzt komm ich! Im Gegensatz dazu verfolgte ein Scheich eine junge Europäerin bis zu ihrem Haus und zwang sie unter Drohungen, sich bei ihm dafür zu entschuldigen, dass sie ihn wenige Minuten zuvor unspektakulär überholt hatte.

Eine angenehme Abwechslung war ein Strandausflug zu einer Landzunge im Nordosten des Landes, wo das Leben wieder perfekt schien. Sandstrand, glasklares blau und türkis schimmerndes Wasser mit Badewannentemperatur. Weit und breit keine Menschenseele, nur drei Hunde, die zu uns gehören - ein seltenes Bild, denn Haustiere gibt es hier eigentlich nicht. Europäer bleiben unter sich - die Welt des Islam und der Ölscheichs ist doch zu fremd, um darin aufgenommen zu werden. Man wird geduldet, denn man bringt Fortschritt, aber man kann sich sicher sein, dass die Straßen auch weiterhin allein den Scheichs gehören!


Thursday, September 11, 2008

Under Construction

Ein ganzes Land im Umbau

Qatar scheint eine einzige Baustelle zu sein. Überhaupt tangieren wohl die Meisten das Baugewerbe. Die rund eine Million Einwohner bestehen zu 80% aus Ausländern, unter ihnen ein großer Anteil Inder. Die Kataris selbst verfügen über unvorstellbare Reichtümer - Quellen sind Erdöl und Erdgas. Das viele Geld wird wiederum strategisch in die Infrastruktur des Landes investiert. Es entsteht unter anderem ein neuer Flughafen, der zur internationalen Drehscheibe ausgebaut werden soll; eine 400 Hektar große künstliche Insel "The Pearl", auf der bald Wolkenkratzer stehen werden; eine 45 km lange Brücke, die Qatar mit Bahrain verbinden soll; es werden ganze Stadtteile aus dem kargen Boden gestampft. Die riesigen Bauprojekte werden von Ablegern westlicher Baufirmen ausgeführt, wodurch wiederum viele Expatriates aus Europa und Übersee in der Bauleitung beschäftigt sind und vorübergehend in Qatar eine zweite Heimat finden. Menschen aus Billiglohnländern, darunter viele Inder aus dem Bundesstaat Kerala, schuften für sehr geringe Stundenlöhne auf den unzähligen Baustellen Qatars.

Inmitten all der Buddelei liegt in alten Gemäuern der Zouk - der alte Basar, wo Händler vor allem Stoffe und Gewürze anbieten. In einem der vielen Lädchen geht ein Teppichweber seinem Handwerk nach. Durch die engen Gassen schieben die alten Männer Schubkarren gefüllt mit Waren. Es gibt viel zu entdecken, jedoch fühlt man sich als Europäer, vielleicht vor allem als Frau, immer sehr beobachtet. Anders auf dem Kamelbasar unter freiem Himmel außerhalb des Stadtzentrums - hier wird man freundlich begrüßt und kann nach Herzenslust fotografieren. Die Kamelhüter stammen aus arabischen Ländern und wohnen unter einfachsten Bedingungen direkt neben den Kamelgehegen. Ein Stück authentischer Orient ist zu spüren.



Tuesday, September 9, 2008

Staubige Welt

Qatar - Stein, Staub und Sand

Immer noch ein bisschen überwältigt vom trockenen Land unweit der Arabischen Halbinsel, der Perle im Persischen Golf. Hier gibt es alles, nur kein kaltes Leitungswasser! In den Tanks auf den Dächern kommt das Wasser bei Außentemperaturen bis zu 40 Grad Celsius zum Brodeln und ergießt sich mit erbarmungsloser Wärme aus Doha's Wasserhähnen. Schnell lernt man bei der schneidenden Hitze, nicht ohne eine Flasche Trinkwasser aus dem Haus zu gehen. Während des heiligen Ramadan ist Essen und Trinken tagsüber in der Öffentlichkeit jedoch generell nicht gestattet. Auch alle Geschäfte und Restaurants haben während des heiligen Monats tagsüber geschlossen. Erst lange nach Sonnenuntergang füllen sich die Straßen und Plätze. Und dann wimmelt es auch in den klimatisierten Malls an stolzen Scheichs und verhüllten Frauen. Hier gibt es alle Annehmlichkeiten, die das moderne Leben zu bieten hat. Ein bisschen erinnert der Lebensstil an die USA: pompös, schnelllebig, verschwenderisch, rücksichtslos.


Ein Ausflug in die Wüste wird zum einmaligen Erlebnis. Im Jeep-Konvoi fahren wir zunächst bis zum Rand der Wüste, wo von den Reifen Luft abgelassen wird. In teils waghalsig anmutenden Fahrexperimenten rasen wir auf eine Sanddüne zu und den Berg hinauf, bis der Fahrer das Lenkrad rumreißt, um den Jeep in ungewöhnlich steiler Neigung zurück zum Ausgangspunkt gleiten zu lassen. Ein wenig stockt der Atem schon, auch wenn die Jeeps angeblich nicht umfallen können. Spieldünen nennen sie das! Wunderschöne Landschaften offenbaren sich - soweit das Auge reicht nur Sand und hin und wieder ein Fetzen vom Persischen Golf, der bei einem Bad allerdings ebenso wenig Abkühlung bietet.


Auf dem Rückweg kreuzen ein paar Arabische Kamele unseren Weg, die querfeldein durch die Stein- und Staubwüste traben. Aus der Nähe betrachtet erscheinen sie groß, aber liebenswürdig. Sie lassen sich die Foto-Session gern gefallen und ziehen dann weiter. Ein bisschen Glück tragen sie wohl unter ihrem Höcker!